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Sonntag, 6. Juli 2014

Das Problem mit den Koran"übersetzungen"

Übersetzungen sind schwer zu meistern. Es geht dabei meist nicht nur um einzelne Sätze und auch nicht um das “verstehende Lesen”, also das Begreifen des Textinhaltes während des Lesens, das in der Schule und während des Studiums gelehrt und angewendet wird, sondern um das genaue Erfassen und Wiedergeben des Ausgangstextes. Beschäftigt man sich zudem mit einigen Grundlagen der Übersetzungswissenschaft, kann man definitiv erkennen, dass die Diskussionen rund um die Übersetzbarkeit des Korans gerechtfertigt sind.

Anfangs empfand ich diese Diskussionen als ermüdend, da ich mir meine Favoriten schon rausgepickt hatte und demzufolge auch mit Scheuklappen gesegnet war.
Übersetzungen sind nötig und sinnvoll, sie erfüllen den Sinn des Verständnisses eines fremdsprachigen Textes.
Doch zugleich interpretiert der Übersetzer auch den Text, wenn er ihn wiedergibt. Viele Wörter aus dem Arabischen kann man nicht problemlos ins Deutsche übertragen, weil sie in der Zielsprache schlicht und einfach nicht existieren. Zudem kommt noch meist hinzu, dass viele Begriffe Bedeutungsebenen haben, die im Deutschen nicht ein-eindeutig wiedergegeben werden können. Die Erfahrungen und der Wissensstand des Übersetzers spielen ebenso eine Rolle wie der Fakt, für wen der Text eigentlich geeignet ist und welchen Zweck er so erfüllen soll. Um das anschaulich zu machen, muss ich einfach nur in die Zeiten der Kreuzzüge zurückgehen, als die ersten Koranübersetzungen ins Lateinische aus den christlichen Klosterstuben kamen. Natürlich hatten eben jene Übersetzungen einzig und allein den Zweck, den Islam als Religion zu verteufeln und dementsprechend die Kreuzzüge zu “legalisieren”.
Das so nichts sachlich korrektes entstehen konnte, ist wohl klar; selbst Martin Luther bestätigte diese Übersetzung und schrieb sogar ein Vorwort.
Muslimische Gelehrte aus aller Welt formulierten die Bedingungen für  die Übersetzer so:
- Der Übersetzer soll ein Muslim mit der korrekten Aqida sein.
- Der Übersetzer muss profunder Kenner der arabischen Sprache und der Zielsprache sein.
- Der Übersetzer muss in der arabischen Grammatik und den Besonderheiten der arabischen Sprache bewandert sein.
- Der Übersetzer muss über Kenntnisse in den islamischen Wissenschaften verfügen.
- Die Übersetzung muss komplett erfolgen.
- Weder der Übersetzer noch der Leser dürfen überzeugt davon sein, dass die Übersetzung der Koran ist. Genau deshalb muss der Übersetzer dieses in einem Vorwort vermerken.


Dummerweise werden Neukonvertiten oft schon am Anfang verwirrt, weil einige Muslime der irrigen Meinung sind, man dürfe den Koran tatsächlich nur auf Arabisch lesen. Ich erinnere mich an meinen ersten Ramadan, als ich mühsam meine ersten Seiten zusammenbuchstabierte und wirklich merkte, dass zwar die Sura Al-Baqarah die längste Sura ist, ich aber deutlich mehr Probleme mit der siebten Sura hatte, weil sie auf Arabisch für mich schwerer zu lesen war. Also schnappte ich mir schlussendlich den CD-Player und spielte Sura für Sura ab, währenddessen ich mitlas (und versuchte, problemlos mitzukommen). Da ich mich bislang nicht mit der Taschwied-Wissenschaft (die Wissenschaft von der Rezitation des Koran) auseinandergesetzt hatte, war ich natürlich oft ein wenig verwirrt.
Ergebnis: Ich kam sehr gut voran und schaffte es, den gesamten Quran im Monat Ramadan zu lesen (mit Hilfe). Dabei hatte ich aber schlicht und einfach den deutschen Teil beiseite gelassen, denn das hätte ich zeitlich nicht geschafft.

Was jetzt aber meine Favoriten betrifft: ich bevorzuge für unterschiedliche Zwecke auch unterschiedliche Ausgaben. (Übrigens: die meisten Muslime besitzen tatsächlich mehrere Varianten zum Vergleich – das soll allerdings auch nicht der Aufruf dazu sein, sich alle derzeit gängigen Ausgaben zu besorgen ;-) )
Im Laufe der Zeit hat sich die Zahl der Ausgaben, ob physisch oder digital, stark vermehrt. Als ich noch Islamwissenschaften studierte, gab es tatsächlich ganze sechs! Koranübertragungen: Rückert, Paret, Ahmadiyya, Henning, Rassoul und
Ullmann. Mittlerweile hat sich das gottseidank geändert und man kann aus einer Vielzahl von Möglichkeiten wählen.